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Das Böse ist banal – Der Foltermord in der JVA Siegburg

Aufregung am Morgen des 12. November 2006: Ein junger Häftling hat sich an der Toilettentür seiner Zelle erhängt. Seine völlig verstörten Zellengenossen haben den Tod des 20-jährigen Hermann H. gemeldet. Sie werden verlegt, gelten als traumatisiert. Doch bald wird klar, dass davon keine Rede sein kann. Die drei Mithäftlinge sind für den scheinbaren Suizid Hermann H.s selbst verantwortlich. Sie haben ihn zwölf Stunden lang gequält, gefoltert und auf jede erdenkliche Weise erniedrigt. Dann ließen sie ihn eine letzte Zigarette rauchen, lasen ihm aus der Bibel vor – “das macht man doch so, wenn einer stirbt”, erklärt einer der Täter später vor Gericht. Und dann “hängten sie ihn weg”. Und das alles aus Langeweile, weil die jungen Gefangenen nichts zu tun hatten an diesem öden Samstag im Knast, an dem das Abendessen schon mit dem Frühstück ausgegeben wird und die Stunden sich scheinbar endlos vor den jungen Strafgefangenen erstrecken.

Die Justizvollzugsanstalt Siegburg. (Foto: Nicolas Ottersbach)

1886 wurde das die heutige JVA Siegburg als königlich-preußische Strafanstalt eröffnet, damals im Gebäude der Abtei auf dem Michaelsberg in Siegburg. Der heutige Bau an der Luisenstraße entstand in den 1890er Jahren. Damals waren dort Männer und Frauen untergebracht. In der Nazizeit wurden dort sogenannte politische Gegner eingesperrt. Als die Amerikaner das Gefängnis zu Kriegsende befreiten, war es mit 2600 Häftlingen völlig überbelegt. Schon 1946 war die Siegburger Vollzugsanstalt wieder aufgebaut worden und nahm bald nur noch jugendliche Straftäter auf. In den 1970er Jahren war Siegburg die größte Jugendhaftanstalt in Europa, damals waren dort etwa 900 Gefangene untergebracht. Als Konsequenz des Foltermordes wurde beschlossen, dass in der JVA Siegburg nur noch erwachsene Gefangene einsitzen sollen. In Wuppertal-Ronsdorf wurde eine neue Jugendhaftanstalt gebaut, weil ein Umbau in Siegburg kaum möglich gewesen wäre. Ab 2011 wurden die jugendlichen Gefangenen aus Siegburg schrittweise in andere Anstalten verlegt. 

Bei “Akte Rheinland” sprechen wir über den grausamen Foltermord in Siegburg und über dessen Folgen, über den Prozess und über die Aufarbeitung. Zu Gast ist Jörg Manhold, heute Leiter des Regionalressorts beim General-Anzeiger und damals Kreisberichterstatter in der Lokalredaktion Siegburg, unweit der JVA gelegen. Er berichtet, wie die Meldung des vermeintlichen Suizids am Montag nach der Tat in der Redaktion ankam, was ihn daran aufhorchen ließ und wieso die Recherche hinter den Kulissen der Justiz so schwierig war.

Dies war die letzte Folge aus Staffel 1 von “Akte Rheinland”. Feedback, Lob und konstruktive Kritik, Anregungen und Themenvorschläge gehen an: online@ga-bonn.de. Vielen Dank!

„Akte Rheinland“ ist unter anderem über SpotifyApple PodcastsGoogle PodcastsStitcherDeezer und weitere Podcatcher abrufbar und kann kostenlos abonniert werden. Unser Blog akte-rheinland.de begleitet jede Episode zum jeweiligen Erscheinungstermin mit crossmedialen Inhalten.

Akte Rheinland” ist eine Produktion der General-Anzeiger Bonn GmbH. Redaktion, Produktion: Anna Maria Beekes, Andreas Dyck. Mitarbeit: Jonathan Kemper. Nachrichten-Stimme: Daniel Dähling. Intro und Outro: Charlotte Pekel. Grafik: Sabrina Stamp.

Das ist “Akte Rheinland”

“Akte Rheinland” ist der Crime-Podcast des Bonner General-Anzeigers. Hier stellen wir echte Kriminalfälle aus der Region Bonn vor. Wir, das sind Andreas Dyck, Jonathan Kemper und Anna Maria Beekes. In jeder Folge laden wir einen Gast zu uns ein, um über den jeweiligen Fall zu sprechen. Das sind Reporter des General-Anzeigers, manchmal aber auch “externe” Experten.

“Akte Rheinland”: Andreas Dyck, Anna Maria Beekes und Jonathan Kemper.

Bei “Akte Rheinland” kann auch besprochen werden, was “nicht in die Zeitung gehört”. Also Emotionales und Schwieriges, Hintergründiges oder auch Abgründiges. Reporter berichten über den Umgang mit Opferfamilien, Redakteure über Hasskommentare im Netz und Ermittler darüber, wie sie es schaffen, das Böse nicht mit nach Hause zu nehmen.

Das Böse – was ist das überhaupt? Und warum fasziniert es uns manchmal genauso wie es uns abstößt? Auch darum wird es bei “Akte Rheinland” gehen. Wir haben uns spannende, traurige, grausame und auch skurrile Fälle aus Bonn und der Umgebung genauer angeschaut. Der Podcast beleuchtet außerdem das bis heute ungeklärte Verschwinden einer britischen Studentin aus einem Dorf im Rhein-Sieg-Kreis, den Amoklauf des sogenannten „Gummistiefelmörders“ von Euskirchen und einen brutalen Mord, der erst 26 Jahre nach der Tat aufgeklärt wurde – durch den Mörder selbst.

Es geht bei “Akte Rheinland” um den Foltermord in der JVA Siegburg, die tödliche Prügelattacke auf Niklas Pöhler und den mysteriösen Todesfall Jens Bleck. Der Chef-Profiler des Landeskriminalamts NRW berichtet von seiner Arbeit mit „Cold Cases“, und der Sprecher der Polizei Bonn gibt einen Einblick in seine Arbeit im Spannungsfeld zwischen Ermittlungstaktik und Öffentlichkeitsarbeit.

„Akte Rheinland“ erscheint ab dem 12. März alle zwei Wochen immer donnerstags. Der Podcast ist unter anderem über Spotify, Apple Podcasts, Google Podcasts Stitcher, Deezer und weitere Podcatcher abrufbar und kann kostenlos abonniert werden. Unser Blog akte-rheinland.de begleitet jede Episode zum jeweiligen Erscheinungstermin mit crossmedialen Inhalten.

“Akte Rheinland” ist eine Produktion der General-Anzeiger Bonn GmbH. Redaktion, Produktion: Anna Maria Beekes, Andreas Dyck. Mitarbeit: Jonathan Kemper. Nachrichten-Stimme: Daniel Dähling. Intro und Outro: Charlotte Pekel. Grafik: Sabrina Stamp.

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